· 

Kinderbücher - Ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft?

Seit ich Kinder habe, beschäftige ich mich mit Themen, die unsere Gesellschaft bewegen, auch ab und zu aus anderen Perspektiven. Ein wichtiger Teil meiner Vaterschaft ist es, meinen Kindern Bücher vorzulesen.  Ich lese unglaublich gerne und freue mich, die Freude am Lesen weitergeben zu dürfen und lese deshalb so oft wie möglich vor.  Dabei sind Kinderbücher ein ziemlich kontroverses Thema und ich könnte mich stundenlang darüber aufregen, dass es unglaublich schwer ist, aus meiner Sicht vernünftige Kinderbücher zu finden. Viele Bücher reproduzieren Rollenklischees und erzählen nicht die Geschichten des Lebens, die ich mir wünschen würde. Doch um diesen Aspekt soll es in diesem Text gar nicht gehen, darüber müsste ich dann noch einen Artikel schreiben.

 

Der Aspekt, der mich auf den Gedanken gebracht hat, ob wir als Gesellschaft nicht kollektiv versagt haben, kommt aus einer anderen Richtung. Momentan lese ich mit unserem Mio ein Buch, das heißt „Komm, wir fliegen zum Mond“, ein wirklich wundervolles Buch, das die Geschichte dreier mutiger Tiere erzählt, die ihren Träumen folgen und sich gegen die Konventionen ihres Tiervolkes stellen, um ihre Träume zu erreichen und glücklich zu werden. Zusätzlich dazu haben wir das Buch „der träumende Delfin“ als Hörbuch angehört, dessen Geschichte in die gleiche Richtung geht. Dabei ist mir folgendes aufgefallen: Sobald ein Kinderbuch aus Sicht der Tiere geschrieben ist und Menschen in dem Buch vorkommen, werden die Menschen als Böse, als der Feind und als zerstörerisch dargestellt. Es gibt immer mal wieder einzelne Menschen, meistens Kinder, die den Tieren gegenüber freundlich eingestellt sind und ihnen helfen und mit ihnen  kommunizieren. Doch die große Masse „Mensch“, als in der Gesellschaft lebend kommt nicht gerade gut weg. Das hat mich, wie gesagt, ziemlich nachdenklich gemacht. Schon oft haben wir uns Gedanken gemacht, was für uns wichtige Werte sind und was wir unseren Kindern mitgeben wollen. Diese Gedanken lassen sich am besten in drei Fragen ordnen, die ich versuchen möchte für mich zu beantworten:

1.    Warum ist das so?

 

Die Frage nach dem Warum ist nicht trivial, auch wenn dies auf den ersten Blick so scheint. Es ist offensichtlich, dass der Mensch der Feind der Tiere ist. Täglich greifen in Ökosysteme ein, um z.B. unseren unbändigen Hunger nach Fleisch, Fisch, importierten Lebensmitteln und unsere Konsumwut zu stillen. Wir zerstören dabei wertvollen Lebensraum der Tiere, die Natur muss weichen, um dem immer weiter wachsenden Fortschritt Platz zu machen. Grade in Norwegen wurde das an verschiedenen stellen deutlich. Hier der, von uns schon kritisierte, Kreuzfahrttourismus, dort die Lachsfarmen in den Fjorden, die dort in die Ökosysteme eingreifen und diese zerstören. Dies sind nur zwei „kleine“ Beispiele, überall kann man Indizien dafür finden, dass Unsere jetzige Wirtschaftsform, fokussiert auf Geld und Gewinnmaximierung, die Folgen des menschlichen Handelns nicht im Blick hat. Erst vor wenigen Wochen warnte mal wieder ein UNO Bericht davor, dass eine Millionen Tierarten vom Aussterben bedroht sind. 

Auf den ersten Blick scheint es also völlig normal und natürlich, dass der Mensch in Kinderbüchern als gefährlicher Riese, Monster oder ähnliches bezeichnet wird. Aber, und das ist ein sehr großes aber, hier muss ich nochmal die Frage nach dem Warum stellen. Warum ist das so? Warum haben wir offensichtlich erkannt, dass unser handeln verletzt, zerstört, wehtut und können nichts dagegen tun? Warum kann der Mensch in Kinderbüchern als Feind der Tiere bezeichnet werden aber in der realen Welt kümmert sich kaum ein Erwachsener und kein Entscheidungsträger darum? Warum werden diese tollen Bücher millionenmal verkauft und trotzdem ändert sich nichts? Warum sind wir anscheinend das einzige Wesen auf der Erde, das zwar riesige kognitive Fähigkeiten hat, die Umwelt soweit zu verändern, dass es über das eigene Überleben hinausgeht, verwenden diese aber nicht im Positiven sondern richten in den allermeisten Fällen nachhaltige Schäden an? Warum bezeichnet man den Menschen überhaupt als vernünftig und rational denkend? 

 

Das Warum, welches hier bei mir aufgeworfen wird, ist also kein einfaches, sondern ein sehr vielschichtiges warum. So richtig beantworten kann ich das für mich nicht. Klar gibt es Erklärungsversuche, diese sind je nach dem, von wem sie kommen ganz unterschiedlich gelagert, darunter sind typische Sätze wie zum Beispiel: „Der Mensch ist halt Egoistisch und auf seinen eigen Vorteil bedacht“, „Die Probleme sind zu komplex“, „Ohne den Kapitalismus würde es uns heute nicht so gut gehen“ Das sind für mich aber eher schlechte Ausreden als Erklärungen und bringen mich direkt zur nächsten Frage.

2.    Was sagt das über unsere Gesellschaft aus?

 

Das lässt sich für mich auf einen Satz reduzieren: Wir haben als Gesellschaft versagt und es stellt ein regelrechtes Armutszeugnis dar. 

Wir wollen unseren Kindern wichtige Werte mitgeben. Werte wie: Toleranz, Einfühlungsvermögen, Respekt, und Ehrlichkeit. Viele der Bücher, die ich im Blick habe vermitteln diese Werte auch auf eine unglaublich schöne Art und Weise: Der kleine Eisbär, der sich viel um das Thema Vertrauen, Freundschaft und Hilfsbereitschaft dreht. Der Maulwurf Grabowski, der sich mit dem Thema Zufriedenheit und Glück beschäftigt. Oder eben auch von mir anfangs erwähntes Buch, welches den Kindern Mut machen soll, gegen den Strom zu schwimmen und die Geschichte einer wunderbaren Freundschaft erzählt. 

Wir wollen also, dass unsere Kinder Persönlichkeiten werden, die sich gegen die Masse behaupte können, Einfühlungsvermögen zeigen, Respektvoll und Ehrlich sind. Dabei vergessen wir folgendes: Die Werte, die wir unseren Kindern mitgeben, sind in vielen Lebenslagen hinderlich und werden auf so vielen Ebenen im täglichen Leben missachtet. Die Grundfesten unseres Wirtschaftssystems und „wirtschaftlichen Erfolges“ bauen nämlich auf anderen Ebenen auf: Wer ignorant ist und sich gegen andere durchsetzen kann, wird von der Gesellschaft (leider immer noch) eher als erfolgreich wahrgenommen. Wenn wir das Einfühlunsvermögen, welches wir von unseren Kindern erwarten, kollektiv und konsequent allen Menschen gegenüber hätten, gäbe es keine Billigware aus menschenunwürdiger Herstellung. Wenn wir den Respekt, den wir unseren Kindern beibringen, der Natur gegenüber hätten, wären nicht so viele noch so abgelegene und schöne Ort in der Natur vermüllt.

Der Witz dabei ist ja: wir wissen von dieser Diskrepanz, sonst gäbe es ja diese Kinderbücher auch nicht. Wir wissen, dass unser Verhalten schädlich, egoistisch und anderen Lebewesen gegenüber angsteinflößend ist. Aber wir wollen trotzdem nichts daran ändern, vielleicht sind wir zu bequem, vielleicht verdrängen wir das alles, vielleicht ist es uns schlichtweg auch einfach egal. 

3..    Was macht das mit unseren Kindern und was lerne ich daraus?

 

Was das mit unseren Kindern macht, ist schwer zu sagen. Ich weiß nur, dass Lasse das Buch nicht mit anhören möchte, da er Angst vor den Riesen hat, obwohl er genau weiß, dass das die Menschen sind. Bei Mio herrscht oftmals Unverständnis, warum man sowas macht, warum die Menschen so gemein sind. Mio und auch immer mehr Lasse haben ein ziemlich hohes Bewusstsein und eine Sensibilität dafür, was der Natur guttut und was ihr schadet. Der Respekt vor der und für die Natur ist noch sehr hoch. Unser Weg ist es, den Kindern diesen Respekt auch immer zu vermitteln und sie weiter dafür empfänglich zu halten. Egal, ob auf Spaziergängen, wenn man Bücher liest oder einfach darüber redet. Dabei helfen die Geschichten natürlich ungemein, weil wir so mit den Jungs darüber kindgerecht ins Gespräch kommen können was vielleicht grade nicht so richtig gut läuft und welche Ideale wir leben. 

Der Respekt vor der Natur ist dabei nur einer der Aspekte, die ich vorhin genannt habe.  Wir wollen unseren Kindern vermitteln, dass die Werte, die von der Gesellschaft hoch geachtet und doch wieder mit den Füßen getreten werden, Werte sind, die uns sehr viel bedeuten. Unsere Rolle dabei ist es zum einen unseren Kindern zu vermitteln, dass es im Leben eben nicht nur darauf ankommt, am meisten Geld zu haben, am weitesten weg in den Urlaub zu fahren, die größte Führungsposition zu haben. Sondern, dass man im Leben am weitesten kommt und am glücklichsten ist, wenn man sich selber treu bleibt. Wir waren schon oft in Situationen, an welchen wir die Wahl hatten, ob wir ehrlich sind und den steinigeren Weg nehmen oder unehrlich den einfacheren Weg gehen. Bisher hat es sich für uns immer ausgezahlt ehrlich zu sein, auch wenn es manchmal anstrengend war. Am Ende hatten wir immer eine Lösung, die für uns gut war und an der wir sagen konnten, dass wir mit uns im Reinen sind. 

Genau das ist auch die Essenz des Textes und das, was wir unseren Kindern mitgeben wollen: Wichtig sind Ehrlichkeit, nicht Geld; Respekt, nicht Macht; Toleranz nicht Ignoranz. All das gekoppelt mit dem Respekt vor der Natur, ihren Wundern und ihren Tieren ist unser Beitrag dazu die Welt ein klitzekleines Stückchen besser wird und wir unsere Kinder (hoffentlich) dazu ermutigen die Welt zu einem besseren Platz zu machen. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0